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Kulinarisches Abenteuer


Text: Redaktion, Fotos: Jan Hüffmeier, Pace Brothers

Denkt man an Irland, kommen einem zwangsläufig Schafe auf grünen Wiesen, Butter und St. Patrick‘s Day in den Kopf. Auch für guten Whisky und ungenieß­baren Stew ist die Insel bekannt. Doch das Schöne am Jagen in anderen Ländern ist, dass man die Kultur, die Landschaft und die Menschen von einer ganz anderen Seite kennenlernen darf, als es ein Reiseführer vermittelt. Der Jäger ist mittendrin, erlebt alles hautnah und nicht nur vom Reisebus oder Hotel aus. Jagen bedeutet Erleben, Fühlen und Begreifen. Doch was kann man eigentlich in Irland jagen?

Irland hat einen guten Bestand an Sika­wild. Selbst jemand, der noch nie auf diese Wildart gejagt hat, weiß, dass ihr Wildbret zu den geschmacklich hoch­wertigsten der Welt gehört. Das steht erstmal im direkten Gegensatz zu den Vorurteilen über die irische Küche. Irish Stew ist ein traditionelles Eintopfgericht. Es besteht hauptsächlich aus Hammel- oder Lammfleisch mit Kartoffeln, Zwiebeln und Petersilie. In dieser Kombi­nation ein Eintopf, der nicht jedem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Es wird noch zu sehen sein, welche Überraschungen ein Stew bieten kann. Landschaftlich ähnelt das Jagdgebiet im County Kerry sehr dem Nachbarn Schottland: karge Hügel und schroffe Hänge. Das Wetter ist ebenso abwechslungsreich oder besser gesagt unbeständig. Doch gerade das macht den Reiz aus. Die unvorhersehbaren Umwelteinflüsse in der atemberaubenden Landschaft mit dem faszinierenden Wild lassen das Herz eines jeden Voll­blutjägers höher schlagen.

Weite Schüsse über 200m sind die Regel. Das stellt Anforderungen an die Ausrüstung. Jäger Jan führt eine S100 Ceratech mit einem Sig Sauer-BDX-Zielfernrohr
Weite Schüsse über 200m sind die Regel. Das stellt Anforderungen an die Ausrüstung. Jäger Jan führt eine S100 Ceratech mit einem Sig Sauer-BDX-Zielfernrohr

Entsprechend empfängt Irland seine Gäste. Regen und Wind liefern sich einen Kampf um die Vorherrschaft. Doch im warmen Cottage lässt es sich aushalten. Wasser ist das prägende Element, welches die Jäger Tag für Tag begleitet. Ob als Regen vom Himmel oder in den zahlreichen glasklaren Bächen ins Tal plätschernd – nass ist ein Dauerzustand. Der Pirschführer wandert mit Jagdgast Jan ins Gelände. Schnell wird klar, dass Jans Kondition beim Aufstieg an ihre Grenzen kommt. Für einige Zeit folgen sie Pfaden und Wechseln, die von Schafen und Ziegen ausgetreten wurden. Dann geht es wieder querfeldein durchs Heidekraut. Schnell sind die Füße nass, da es sich nicht vermeiden lässt, in die Tümpel zu treten. Doch der Aufstieg hält die Jäger warm. Sikawild äugt hervorragend und die Landschaft bietet kaum Deckung. Das bedeutet für die Jäger, dass sie weit schießen müssen. 200 Meter sind hier eine durchschnittliche Distanz. Waffe und Optik müssen also nicht nur Wind und Wetter widerstehen, sie müssen auch unter schweren Bedingungen die Präzision halten.

Das Jagdgebiet im County Kerry erinnert landschaftlich an Schottland.
Das Jagdgebiet im County Kerry erinnert landschaftlich an Schottland.

Jetzt im Oktober ist Brunft. Da lassen sich die Hirsche mit einem Lockruf zum Zustehen oder Verhoffen bewegen. Es ist ein hochgezogenes Quietschen, das an den Brunftlaut eines amerikanischen Wapiti erinnert. Die graubraune Decken­farbe der Sika passt sich perfekt in die Heidesträucher ein. Oft erkennt man die Stücke erst, wenn sie sich bewegen. Als die Morgensonne durch die grauen Wolken bricht, tun sich 300 Meter vor den Jägern vier Stück Sikawild auf und schütteln den Regen aus den Decken. „Lass uns versuchen, näher heran zu pirschen”, raunt Jagdführer Tim seinem Jagdgast Jan zu. Die eigentliche Jagd verläuft überall gleich. Unbemerkt nähern, Schuss­position suchen und auf eine geeignete Chance warten. Seine Waffe und Optik sollte jeder Jäger instinktiv beherrschen. Als es soweit ist, fällt ein junger Hirsch ins tropfnasse Moos. Das erste Waidmannsheil in einem bisher unbekannten Land lässt das Jagdfieber steigen. Am erlegten Stück ist die Freude groß und Erleichterung macht sich breit. Jagdführer und Schütze sind jetzt durch das Erlebnis vereint. „Lass uns aufbrechen und das Stück ins Tal tragen“, schlägt Tim vor.

Aufbrechen und Bergen erfordern hier einiges an Muskelkraft. An einem eiskalten Bach werden Hände und Messer feldmäßig gesäubert. Danach muss das erlegte Stück bis zum Cottage ge­tragen werden. Koch Philip leuchten schon die Augen, als er einen Blick in die Wild­kammer wirft. Im Kopf malt er sich die vielen kuli­narischen Köstlichkeiten aus, die er aus diesem Stück Wildbret zaubern könnte. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Jagdgästen die irische Küche in Verbindung mit dem leckeren Wild näher zu bringen.

„Schade, irische Wild­gerichte sind kaum über
die Grenzen Irlands hinaus bekannt.“

Für jeden Tag hat er sich eine Besonderheit ausgedacht. Natürlich auch den berüchtigten Stew. Als er seine Pläne den Gästen offenbart, wandern deren Augenbrauen argwöhnisch nach oben. Doch das gemeinsame Zubereiten des würzigen Wildbrets mit den anderen Zutaten lässt die Zweifel schnell aus den Gesichtern der Jäger verschwinden. Nach dem anstrengenden Jagdtag schmeckt der herzhafte Stew den Gästen sehr und sie langen ordentlich zu. Denn schon morgen früh geht es wieder auf die Pirsch in die Highlands von Irland.

Irish Sika Stew

Zutaten für vier Portionen:

  • 800 g Sikawildbret aus dem Blatt
  • 5 EL Öl
  • 1 Zwiebel
  • 1 Zehe Knoblauch
  • 300 g Möhren
  • 1 Knollensellerie
  • 1/4 Kopf Weißkohl
  • 150 g Lauch
  • 1 Liter Rinderbrühe
  • 250 g Kartoffeln
  • 1 EL Petersilie, gehackte
  • 1 Prise Kümmel
  • 1 Prise Thymian
  • Muskat
  • Salz und Pfeffer

Zubereitung

Arbeitszeit: ca. 30 Min.

  1. Sikafleisch aus dem Blatt in nicht zu kleine Würfel schneiden
  2. Zwiebel in Streifen schneiden, Möhren, Sellerie und Kartoffeln schälen und in kleine Würfel schneiden (eine Kartoffel beiseite legen), Kohl und Lauch grobblättrig schneiden.
  3. In erhitztem Öl das Fleisch anbraten. Zwiebel, zerdrückten Knoblauch und Gemüse ohne die Kartoffeln beigeben, mitschmoren lassen, mit Brühe aufgießen, mit Kümmel, Muskat, Thymian, Salz und Pfeffer abschmecken.
  4. Eine Stunde bei leichter Hitze kochen lassen. Dann Kartoffelwürfel beigeben und noch eine Viertelstunde weiterkochen lassen. Die beiseite gelegte Kartoffel fein raspeln und kurz vor dem Servieren den Irish Stew damit binden. Mit gehackter Petersilie bestreuen.
Beim Anbraten des Fleisches ist die Küche mit Duft erfüllt.
Beim Anbraten des Fleisches ist die Küche mit Duft erfüllt.
Fleisch und Gemüse müssen noch eine Stunde köcheln. Dann ist der Stew fertig.
Fleisch und Gemüse müssen noch eine Stunde köcheln. Dann ist der Stew fertig.