Fahrtbericht Range Rover
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Fahrbericht Range Rover


Text und Fotos: Gunther Stoschek

In der Ruhe liegt die Kraft

Fast unauffällig reiht sich unser Testwagen auf dem Parkplatz des Werksgeländes zwischen diversen Mittel­klasse Kombis und SUVs ein. Mit seiner angenehm schnörkellosen Karosserie in dunklem „Belgravia Green“ und trotz umfangreicher „Autobiography“ Ausstattung sticht er weder durch unzeitgemäße Größe noch durch überladenen Auftritt hervor. Vielmehr zeigt er ein gewisses Maß an Understatement, womit er sich wohltuend von so manchem Mit­bewerber seiner Klasse abhebt. In heutiger Zeit ein den meisten Käufern wohl sehr willkommener Nebeneffekt.

Traktions­technik Range Rover
Selbst aus einem engen Hohlweg schiebt sich der Range Rover völlig unbeeindruckt heraus. Zu verdanken ist dies seiner großen Boden­freiheit und der einzigartigen Traktions­technik
Allradlenkung des neuen Range Rover
Auch wenn der hintere Rad­einschlag nicht allzu groß erscheint, so sorgt die Allradlenkung des neuen Range Rover doch für eine unglaublich hohe Wendigkeit
beruhigende Gelassenheit im Range Rover
Auf der Autobahn oder bei schlechtem Wetter im Revier: kaum ein anderes Fahrzeug sorgt für eine solch beruhigende Gelassenheit wie der neue Range Rover
Heck des neuen Range Rover
Auch das Heck des neuen Range Rover zeigt sich in dezenter, zeitloser Eleganz und bietet damit Understatement pur

Was den neuen Range Rover aber vor allem so einzigartig macht, ist dieses unvergleichliche Gefühl von Souveränität, das er bei jeder Fahrt vermittelt. Für lange Autobahnetappen kann man sich kaum einen besseren Reisewagen vorstellen, nicht zuletzt deshalb, weil er erst gar nicht zu einer rasanten Fahrweise animiert. In ihm sorgt bereits das Wissen, dass man ja könnte, wenn man denn wollte, für absolut entspannende Gelassenheit. Dazu bedarf es nicht einmal der Top-Motorisierung unseres Testwagens, die aus einem modernen Mild Hybrid Achtzylinder mit äußerst großzügigen 530 PS bestand. Jeder der drei für den Range Rover verfüg­baren, drehmomentstarken Sechs­zylinder-Dieselmotoren mit bis zu 350 PS bietet genügend Leistung für ein erhabenes Fahrgefühl. Zudem ist mit ihnen ein Verbrauch von weniger als 8 Litern auf Mittel- und Langstrecke völlig problemlos realisierbar. Wer häufig auf Kurzstrecke oder im Stadtverkehr unterwegs ist, für den ist die ebenfalls erhältliche Plug-In Hybrid Variante mit Sechs­zylinder-Benzinmotor und über 80 Kilometer rein elektrischer Reichweite durchaus eine Überlegung wert.

Es ist jedoch eine Eigenschaft, die den neuen Range Rover in erster Linie charakterisiert: die faszinierende Perfektion seiner Allrad- und Fahrwerkstechnik. Die spielt er nämlich nicht nur auf festem Untergrund aus, wie bei Gelände-Tests oft üblich, sondern vor allem in der Praxis im Revier. Jeder, der Offroad-Erfahrung hat, weiß, dass bereits leicht abschüssige Passagen auf nassen, lehmigen Böden selbst reinrassige Geländewagen schnell an ihre Grenzen bringen können. Umso erstaunlicher ist die Leistung, die der Range Rover mit seiner genialen, elek­tronischen Antriebs- und Fahrwerksregelung auf solchem Terrain tatsächlich abliefert. Seine Allradlenkung macht ihn dabei auch auf engstem Raum dermaßen wendig, dass man es selbst erlebt haben muss, um es zu glauben.

Innenraum des neuen Range Rovers
Bequem einsteigen und sich sofort wohl fühlen. Für den Innenraum des neuen Range Rovers gibt es eine Vielzahl individueller Gestaltungsmöglichkeiten
Touchscreen Bedienung
Trotz des großen Touchscreens bleibt die Bedienung intuitiv. Glücklicherweise blieben Drucktasten und Drehregler für die am häufigsten benutzten Funktionen erhalten
Range Rover Innenverkleidung

Wie genial das Gesamtkonzept des neuen Range Rovers ist, konnten wir an einem heiß-schwülen Tag Ende Mai auf ganz unerwartete Weise erleben. Nach einer langen Autobahn­etappe waren wir am frühen Abend völlig entspannt im Allgäu angelangt. Am Horizont kündigte sich ein heftiges Gewitter an. Da dies eine gute Gelegenheit für spektakuläre Fotos war, machten wir noch einen Abstecher über die den Alpen vorgelagerte, bergige Adelegg. Doch bereits nach wenigen Kilometern hinauf durch den Wald brach ein so extremer Gewitterorkan los, dass an fotografieren nicht mehr zu denken war. Jetzt galt es nur noch, schnellstmöglich aus dem Wald zu kommen. Die folgenden sechs Kilometer auf der schmalen, kurvigen Straße hinab ins Tal aber wurden zur echten Herausforderung. Starkregen nahm uns so gut wie jede Sicht. Gleichzeitig wussten wir um das Risi­ko, dass der Sturm jederzeit Bäume entwurzeln und auf die Straße werfen könnte. Als wir schon glaubten, es endlich aus dem Wald geschafft zu haben, versperrte uns dann auch schon eine quer über der Straße liegende Buche den Weg. Uns blieb also nichts anderes übrig, als so schnell wie nur möglich den gefährlichen Rückweg anzutreten. Nach der ersten Kehre aber lag nun bereits ein weiterer Baum. Glücklicherweise gelang es uns, wenn auch in beängstigender Schräglage, den Wipfel der alten Fichte an der steilen Böschung entlang zu überfahren. Auf diese Weise mussten wir noch zwei weitere, zwischenzeitlich im Sturm abgebrochene Bäume passieren. Der Straßengraben glich inzwischen einem Sturzbach voller Sand, Schlamm und Geröll. Ich muss zugeben, dass ich in dieser Situation nicht mehr an den teuren Lack des Wagens dachte und nur noch darauf hoffte, dass uns der Range Rover aus dieser misslichen Situ­ation heraus bringen würde. Er tat es wie selbstverständlich, ganz automatisch alle Register seiner Allradtechnik ausspielend, und das selbst an Stellen, an denen der Sturzbach beängstigend viel lehmige Erde über die steile Strasse gespült hatte.

Nach einer langen Autobahnfahrt hatten wir mit dem neuen Range Rover so also ungewollt ein echte Offroad-Erfahrung gemacht, die uns aufgrund der gefähr­lichen Lage ganz besonders beeindruckt hat. Sichtbare Kratzer hat der Lack übrigens nicht abbekommen, so dass wir lediglich bedauern, die durchaus bedrohlichen Momente unseres spontanen Abstechers nicht auf Film festgehalten haben zu können.